Beamtenversorgung in Bund und Ländern: Übergangsrecht in den Neuen Ländern

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Übergangsrecht in den Neuen Ländern

82------Übergangsrecht in den Neuen Ländern
84------Anreize für Aufbauhilfe
85------Beamtenversorgungs-Übergangsverordnung – BeamtVÜV

Übergangsrecht in den Neuen Ländern

Allgemeines

Aus Anlass der Herstellung der Einheit Deutschlands mussten auch die bundesdeutschen Alterssicherungssysteme an die Veränderungen angepasst werden. Durch den Bundesgesetzgeber wurde dabei im sogenannten Einigungsvertrag vom 31. August 1990 die grundsätzliche und abschließende Entscheidung getroffen, dass Beschäftigungszeiten in den Neuen Ländern, die vor dem 3. Oktober 1990 liegen, einheitlich für alle DDR-Alterssicherungssysteme in der gesetzlichen Rentenversicherung abgebildet werden. Die Umsetzung dieses Grundsatzes in das bundeseinheitliche Beamtenversorgungsrecht erfolgte mit Paragraph 107 a BeamtVG, der die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates ermächtigte, die versorgungsrechtlichen Modalitäten für die Neuen Länder zu regeln. Auf dieser gesetzlichen Grundlage werden in den neuen Bundesländern die versorgungsrechtlichen Modalitäten unter Berücksichtigung der besonderen Verhältnisse im Beitrittsgebiet durch die Verordnung über beamtenversorgungsrechtliche Übergangsregelungen nach Herstellung der Einheit Deutschlands (Beamtenversorgungs-Übergangsverordnung (BeamtVÜV).

Die BeamtVÜV enthält insbesondere Bestimmungen zum Geltungsbereich, zur Anwendung der (mittlerweile zum 31.12.2009 außer Kraft getretenen) Besoldungsübergangsverordnung, über die Höhe der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge, der Berücksichtigung von vor der Berufung in das Beamtenverhältnis liegenden Zeiten und besondere Regelungen zum Zusammentreffen von Versorgungsbezügen mit Renten. Aufgrund der mittlerweile seit 1990 vergangenen Zeit und der eigenständigen landesrechtlichen Regelungen wird der Anwendungsbereich der BeamtVÜV jedoch zunehmend geringer.

Anwendungsbereich

Die Versorgung der Beamten richtet sich danach, bei welchem Dienstherrn das Beamtenverhältnis begründet worden ist. So richtet sich die Besoldung und später die Versorgung eines Beamten, der in den alten Bundesländern von der ersten Ernennung an verwendet wird und in die neuen Länder abgeordnet wurde, nach dem BeamtVG. Wurde ein Beamter dagegen von der ersten Ernennung oder Wiederernennung in den neuen Ländern verwendet, findet zusätzlich die BeamtVÜV Anwendung, die jedoch inzwischen in einzelnen Bestimmungen durch Landesrecht überlagert oder modifiziert worden ist.

Berechnungsgrundlagen

Es gelten die auf Seite 34 ff. dargestellten Berechnungsgrundlagen. Für einen eigenständigen Anspruch auf Beamtenversorgung muss auch der Beamte in den Neuen Ländern eine 5-jährige Wartezeit im Beamtenverhältnis (ruhegehaltfähige Dienstzeit von mindestens fünf Jahren) erfüllen. Erreicht er diese nicht vor Ablauf der maßgeblichen Altersgrenze, entsteht kein Anspruch auf eine eigenständige Beamtenversorgung. Es liegt dann aber im Ermessen des Dienstherrn, einen Unterhaltsbetrag zu gewähren, der jedoch nur bis zur Höhe des „Ruhegehaltes“ festgesetzt werden darf. Bei einem Dienstunfall gilt die Wartezeit als erfüllt.

Besonderheiten bei der Anrechnung von Dienst- und Beschäftigungszeiten

Beschäftigungszeiten im Beitrittsgebiet vor dem 3. Oktober 1990 sind grundsätzlich – unabhängig vom Status – nicht als ruhegehaltfähige Dienstzeit zu berücksichtigen. Die „Fiktion“ eines Beamtenstatus vor Oktober 1990 ist rechtlich unzulässig. Ebenso eindeutig ist, dass Beamtenstatuszeiten nach dem 3. Oktober 1990 ruhegehaltfähige Dienstzeiten darstellen und im gesamten Bundesgebiet gleichmäßig berücksichtigt werden. Bei der Berechnungsgrundlage „ruhegehaltfähige Statusdienstzeiten nach dem 3. Oktober 1990“ – und daraus folgend dem Ruhegehaltssatz – ergeben sich damit grundsätzlich keine Besonderheiten.

§ 12a BeamtVG bestimmt mit Verweisung auf § 30 BBesG, dass Zeiten einer Tätigkeit beim Ministerium für Staatssicherheit, dem Amt für Nationale Sicherheit, als Angehöriger der Grenztruppen oder auch Tätigkeiten mit besonderer persönlicher Nähe zum politischen System der DDR nicht als ruhegehaltfähige Dienstzeit Berücksichtigung finden können. Diese führen sogar zu einer (rechtlich fragwürdigen) Anwendung einer weiteren, nachteiligen Höchstgrenze beim Zusammentreffen von Versorgungsbezügen mit Renten gemäß § 55 Abs. 2 Nr. 1 b BeamtVG durch Abzug der entsprechenden Verwendungszeiten.

Dagegen gelten Wehrdienstzeiten nach den §§ 8 und 9 BeamtVG, die ein Beamter nach Vollendung des 17. Lebensjahres vor der Berufung in das Beamtenverhältnis im Dienst der Nationalen Volksarmee „gedient“ hat, unter bestimmten Voraussetzungen und höchstens bis zu fünf Jahren als ruhegehaltfähige Dienstzeit. Gemäß § 12 b Absatz 2 BeamtVG ist dies nur dann der Fall, wenn die sog. Wartezeit in der gesetzlichen Rentenversicherung von 60 Monaten (5 Jahre) noch nicht erfüllt ist. Dies gilt auch für vergleichbare Zeiten nach den §§ 8 und 9 BeamtVG, die ein Beamter bis zum 2. Oktober 1990 im Beitrittsgebiet absolviert hat.

Zeiten, die der Beamte bis zum 2. Oktober 1990 im Beitrittsgebiet hauptberuflich im öffentlichen Dienst zurückgelegt hat, können gemäß § 10 Abs. 1 BeamtVG höchstens bis zu fünf Jahren als ruhegehaltfähig berücksichtigt werden, sofern der Beamte ohne eine von ihm zu vertretende Unterbrechung tätig war und die Tätigkeit zu seiner Ernennung geführt hat.

Sonstige Zeiten und Ausbildungszeiten nach dem Beamtenversorgungsgesetz, die der Beamte bis zum 2. Oktober 1990 im Beitrittsgebiet abgeleistet hat, können unter bestimmten Voraussetzungen bis zu 5 Jahren als ruhegehaltfähige Dienstzeit anerkannt werden.

Wehrdienstzeiten und vergleichbare Zeiten laut §§ 8, 9 BeamtVG, Beschäftigungszeiten gemäß § 10 BeamtVG und sonstige Zeiten nach §§ 11, 66 Abs. 7, 67 Abs. 2 BeamtVG, die der Beamte bis zum 2. Oktober 1990 im Beitrittsgebiet absolviert hat, werden nicht als ruhegehaltfähige Dienstzeit berücksichtigt, soweit die allgemeine Wartezeit für die gesetzliche Rentenversicherung erfüllt ist und diese Zeiten als rentenrechtliche Zeiten bei der Berechnung der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung zugrunde gelegt werden.

Ausbildungszeiten gemäß § 12 BeamtVG sind nicht ruhegehaltfähig, soweit die allgemeine Wartezeit für die gesetzliche Rentenversicherung erfüllt ist. Rentenrechtliche Zeiten sind auch solche im Sinne des Artikels 2 des Renten-Überleitungsgesetzes. Eine Ausnahme enthält § 12 b Abs. 2 BeamtVG, wonach Beschäftigungszeiten vor dem 3. Oktober 1990 nur ausnahmsweise bis zu höchstens 5 Jahren berücksichtigt werden können, sofern die allgemeine Wartezeit für die gesetzliche Rentenversicherung (5 Jahre) nicht erfüllt ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat entsprechende Regelungen als mit der Verfassung für vereinbar erklärt.

Besonderheiten bei den ruhegehaltfähigen Dienstbezügen

Bedeutsam war die Bemessung der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge nach der Zweiten Besoldungsübergangsverordnung (2. BesÜV), welche zuletzt grundsätzlich auf einen Bemessungssatz von zuletzt 92,5 Prozent der sog. West-Besoldung festgelegt war. Da der Ruhegehaltssatz auf die ruhegehaltfähigen Dienstbezüge bezogen ist, waren auch die Versorgungsbezüge – entsprechend der Besoldung – abgesenkt. Der Gesetzgeber hatte mit dem Besoldungs- und Versorgungsanpassungsgesetz 2003/2004 festgelegt, dass eine vollständige Angleichung des Bemessungssatzes Ost für die Besoldungsgruppen bis A 9 bis zum 31. Dezember 2007 erfolgen sollte. Für die übrigen Besoldungsgruppen galt dies bis zum Ablauf des 31.12.2009; allein der Bund hatte für diesen Personenkreis bereits zum 01. April 2008 eine vollständige und vorweggenommene Angleichung durchgeführt. Mit Ablauf des 31. Dezember 2009 ist die 2. BesÜV dann außer Kraft getreten. Damit gab es im Besoldungs- und Versorgungsrecht auch für alle übrigen Besoldungsgruppen zwanzig Jahre nach Vollendung der deutschen Einheit keine Rechtsgrundlage mehr für eine unterschiedliche Besoldung in Ost und West oder
nach unterschiedlichen Bemessungssätzen in den Neuen Ländern selbst. Vielmehr unterscheiden sich mittlerweile alle Bundesländer, alte wie neue, in der Höhe der Bezüge untereinander.

Anreize für Aufbauhilfe

Mit versorgungsrechtlichen Abweichungen wurden damals Anreize für die Aufbauhilfe in den neuen Bundesländern geschaffen. Dazu gehören die Verdoppelung der ruhegehaltfähigen Dienstzeit während der Verwendungszeit, die Anrechnung von Arbeitnehmerzeiten anlässlich der Verwendung auf die ruhegehaltfähige Dienstzeit und die rückwirkende Aussetzung der Anrechnung von Verwendungseinkommen auf Versorgungsbezüge. Die Regelungen waren bis zum 31. Dezember 1995 befristet und galten auch nicht mehr für Verwendungen, die nach dem 31. Dezember 1994 begonnen haben.

Später entschloss sich der Verordnungsgeber, auch die versorgungsrechtliche Absicherung von kommunalen Wahlbeamten „der ersten Stunde“ im Beitrittsgebiet zu verbessern und verordnete eine allgemeine Regelung zur Berücksichtigung von Vordienstzeiten im Beitrittsgebiet als ruhegehaltfähige Dienstzeit für Beamte. Daneben wurde auch das Zusammentreffen von Mindestversorgung mit Renten geregelt. Im Einzelnen sind folgende Weiterungen eingeführt worden:
- Die Gewährung eines Unterhaltsbeitrags für nicht wiedergewählte kommunale Wahlbeamte, die das 50. Lebensjahr vollendet haben sowie die Gewährung eines Übergangsgeldes für jüngere Beamte
- Die Berücksichtigung von Vordienstzeiten im Beitrittsgebiet bis zum 2. Oktober 1990, soweit diese Zeiten bei der Berechnung der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung nicht zugrunde gelegt werden; bestimmte Zeiten werden als ruhegehaltfähige Dienstzeit ausgeschlossen
- Die Anrechnung von Renten auf den nicht „erdienten“ Teil der Mindestversorgung (diese Bestimmung hat über § 14 Abs. 5 BeamtVG mittlerweile Eingang in das allgemeine Beamtenversorgungsrecht gefunden)
- die Gewährung eines einmaligen Ausgleichs für Soldaten

Schließlich wurden mit den Reformgesetzen von 1998 und 2001 weitere notwendige Verbesserungen der Versorgungssituation der kommunalen Wahlbeamten „erster Stunde“ in den neuen Bundesländern durchgeführt.

Die Verordnung gilt für Beamte und Richter (auch wenn wir folgend nur Beamte nennen), die nach Inkrafttreten des Einigungsvertrages von ihrer ersten Ernennung oder Wiederernennung an in dem in Art. 3 des Einigungsvertrags genannten Gebiet verwendet oder in das Beitrittsgebiet versetzt wurden. Die Verordnung gilt auch für Beamte aus dem früheren Bundesgebiet sowie für Beamte im Ruhestand, die im Beitrittsgebiet tätig werden. Für Beamte aus dem früheren Bundesgebiet, die unmittelbar zu einem Dienstherrn im Beitrittsgebiet wechseln, gelten einige besonderen Regelungen bei der Versorgung, so etwa hinsichtlich der Wartezeit gemäß § 4 BeamtVG. Kommunale Wahlbeamte im Beitrittsgebiet, die mindestens eine zweijährige Amtszeit in der ersten Kommunalwahlperiode absolviert haben, erhalten einen Unterhaltsbeitrag bis zur Höhe des Ruhegehalts unter Anrechnung von Erwerbs- und Erwerbsersatzeinkommen, wenn sie trotz Bereitschaft zur Weiterführung des Amtes nicht wiedergewählt werden oder nicht wiedergewählt werden können und bei Ablauf ihrer Amtszeit das 50. Lebensjahr vollendet haben. Soweit diese Beamten das 50. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, erhalten sie abweichend von § 47 BeamtVG ein Übergangsgeld in Höhe des Sechsfachen der Dienstbezüge des letzten Monats ihrer Amtszeit.

Anrechnung von Renten und Zusammentreffen von Rente und Mindestversorgung

Aufgrund der Tatsache, dass viele heutige Beamte in den neuen Bundesländern vor der Verbeamtung Rentenanwartschaften begründet haben und nur noch einen Teil ihrer Lebensarbeitszeit dem Dienstherrn zur Verfügung stellen können, kommt bei diesem Personenkreis häufig mit Eintritt in den Ruhestand die amtsunabhängige Mindestversorgung nach § 14 Abs. 4 BeamtVG zum Tragen – siehe hierzu Seite 42 ff.

Mit Erreichen der für die gesetzliche Rente geltenden Altersgrenzen treffen daher noch häufig Renten aus vorangegangener Arbeitnehmertätigkeit mit der Mindestversorgung zusammen (sog. Mischbiografien) und unterfallen daher grundsätzlich der Anrechnungsregelung des § 55 BeamtVG – siehe Kap. „Anrechnungs- und Ruhensregelungen“ auf S. 59 ff. Nach § 2 Nr. 9 BeamtVÜV und § 14 Abs. 5 BeamtVG wird die Rente auf den nicht erdienten Teile der Mindestversorgung angerechnet. Dabei darf die Summe aus Versorgung und Rente das Niveau der Mindestversorgung zwar überschreiten, nicht jedoch unterschreiten. Weitere Sonderregelungen gibt es zur vorübergehenden Erhöhung des Ruhegehaltssatzes bei einem Eintritt in den Ruhestand vor Erreichen der Regelaltersgrenze und einer Rentengewährung erst ab dem 65. Lebensjahr. Hier kann eine vorübergehende Erhöhung ausschließlich des erdienten Anteils der Mindestversorgung durchgeführt werden (§ 14 a BeamtVG). Ein noch weitergehendes Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zur vorübergehenden Erhöhung auch des nicht erdienten Ruhegehalts beim Bezug von Mindestversorgung ist durch gesetzliche Konkretisierung und Neuregelung beim Bund und den betreffenden Ländern mittlerweile obsolet geworden.

Beamtenversorgungs-Übergangsverordnung – BeamtVÜV

Mehr Informationen zum Übergangsrecht in den Neuen Ländern finden Sie in der Verordnung über   beamtenversorgungsrechtliche Übergangsregelungen nach Herstellung der Einheit Deutschlands (Beamtenversorgungs-Übergangsverordnung – BeamtVÜV), die zuletzt durch Gesetz vom 05. Februar 2009 geändert worden ist. Den Wortlaut finden Sie unter www.beamtenversorgung-in-bund-und-ländern.de. In den Neuen Bundesländern sind einzelne Bestimmungen der überkommenen, bundeseinheitlichen BeamtVÜV im Rahmen der Dienstrechtsnovellen zum Teil geändert oder gestrichen worden.


UT Red G20210810 / 20200405

 

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